Archiv der Kategorie: Zeitliches

Gelegentliche Anmerkungen zu diesem und jenem

Charles eins zwei drei

Von Thomas Hobbes stammen so markante Sprüche wie homo homini lupus (Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf) und bellum omnium contra omnes (Krieg aller gegen alle). Letzteres gilt für den sog. Naturzustand und ergibt sich aus dem erstern. Jedem Schüler, der in der 12 Jahrgangsstufe mal einen Grundkurs Philosophie belegt hat, sind diese Dinge bekannt, und er weiß auch, dass Hobbes auf Grund der politischen Wirren seiner Zeit für einen starken Souverän, sprich Monarchen, plädierte und, als Charles I. dann seinen Kopf verlor und Oliver Cromwell an die Macht kam, dafür plädierte, sich dem kronenlosen Souverän zu unterwerfen. Womit wir beim Thema des neuen, spannenden Romans von Robert Harris wären: Act of Oblivion.

Dieses Gesetz von 1660 sollte eigentlich einen Schlussstrich ziehen unter die Wirren der vergangenen 10 – 15 Jahre und der puritanischen Bevölkerung signalieren, dass man nun wieder vereint unter dem neuen König, Charles II, dem Sohn des alten, in die Zukunft schauen wollte. Viele Freunde Cromwells kamen daher aus ihren Löchern und rechneten mit einer Begnadigung. Sie hatten allerdings die Rechnung ohne den Wirt gemacht, nämlich eine korrupte royalistische Elite, die, kaum an der Macht, sich einen Dreck darum scherte, was sie versprochen hatte und einen nach dem anderen Puritaner köpfte oder hängte. Man war kreativ in der Wahl der Mittel. Viele wurden zuerst gehängt, aber dann doch im letzten Augenblick wieder abgenommen. Dann wurden ihnen die Glieder abgeschnitten, die Därme rausgeholt, der Kopf abgeschlagen und der Rumpf in vier Teile geteilt, und das alles vor einer entsetzt-faszinierten Menge von Schaulustigen.

Harris schreibt nun einen Roman, der in dieser Zeit spielt. Warum? Es ist anzunehmen, dass ihn angesichts gegenwärtiger globaler Fanatisierung und Ideologisierung genau dieses Thema reizte. Und dabei auch die Frage: Wer sind die Guten, wer die Bösen? Der Böse in diesem Roman ist gewiss ein Gentleman namens Richard Nayler, die Guten Edward Whalley und William Goffe. So scheint es jedenfalls zunächst. Nayler ist so etwas wie ein selbsternannter Sonderermittler, der im Auftrag der Regierung Charles II. die letzten flüchtigen Königsmörder verfolgt, sprich diejenigen, die das Todesurteil gegen Charles I. unterschrieben hatten. Sein Antrieb ist dabei eine Mischung aus persönlicher Rache und politischer Ideologie. Die letzten verbliebenen “Königsmörder” sind die oben genannten. Während nun Nayler eine vom Autor frei erfundene Figur ist, hat es Whalley und Goffe tatsächlich gegeben, und diese sind im Jahre 1660 tatsächlich nach Neuengland geflohen und dort bei diversen Puritanern, teilweise echten religiösen Fanatikern, untergekommen.

Es ist hohe Romankunst, wie Harris die historisch belegten, aber auch den “unbelegten” Nayler zum Leben erweckt. Wir erfahren nicht nur Anschauliches über beruflich-polische Lebensläufe, also z.B. über grausame Gemetzel, Intrigen und das Leben der meist puritanischen Siedler in Massachusetts und Connecticut, sondern auch höchst intime persönliche Nöte der Personen dieser Zeit. Das ganze wird historisch garniert mit Erwähnungen solch einschneidener Ereignisse wie das große Feuer in London, die Eroberung New Amsterdams durch die Engländer oder Erwartung des Jüngsten Tages im Jahre 1666, an die viele radikale Puritaner glaubten. Und solche historischen Großereignisse sind wiederum garniert mit pikanten Details. So wird beispielsweise in einem frühen Kapitel erwähnt, dass der Duke of York, der jüngere Bruder Charles II., eine absolut unpolitsche Person war, dem an nichts anderem lag als Völlerei und Hurerei (Was Prinz Charles telefonische Turteileien mit seiner Geliebten Camilla angeht, so sind das Kindereien gegenüber dem, was unter Charles II abging…). York ist offenbar Befehlshaber der Flotte, die New Amsterdam erobert, was der Krone 30.000 Pfund im Jahr einbrachte und der Stadt einen neuen Namen. Doch auch die Gegenseite wird nicht geschont. Es wird entlarvt, dass einer der fanatischten Puritaner, der Reverend John Davenport, sich einen Tripper zugezogen hatte, was immerhin ein Grund für seinen religiösen Eifer sein könnte.

Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass am Ende das Böse verliert und das Gute gewonnen haben könnte… Aber der alte Whalley vetraut seinem Tagebuch auch an, dass er die Einsicht gwonnen hat und von ihr geradezu überrascht worden ist, dass beide, die Guten und die Bösen, immer zu 100 % geglaubt haben, dass sie im Recht sind.

Womit wir bei Charles III. sind, der wohl felsenfest davon überzeugt ist, dass Waffenlieferungen in die Ukraine das Richtige sind. Während Putin ihn wohl für einen verkappten Faschisten hält. Allein, so ganz stimmt dieser Vergleich wohl nicht in Zeiten, in denen Ideologie durch Zynismus und Propagandismus ersetzt worden ist.

Im Kleinen jedoch scheint sich Geschichte eins zu eins zu wiederholen. Im ersten Kapitel wird beschrieben, wie die beiden flüchtigen “Königsmörder” in ihrer “Gastfamilie” in Cambridge ankommen. Daniel Gookin, Puritaner aus Cambridge, hat sie aus England “mitgebracht”, um sie vor Verfolgung zu schützen. Seine Frau Mary ist aber ein wenig skeptisch und fragt ihren Mann, nachdem sie sich zurückgezogen haben:

“And where are we to put them, Daniel?…”
“The boys can give up their beds and sleep downstairs.”
“How long are they to stay?”
“As long as it is necessary.”
“What ist that? A day? A month? A year?”
“I cannot say.”

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Was Frauen so sagen

(Kleines Lehrstück über die Tücken des Genderns)

Neulich war ich wieder bei meinem Lieblingsitaliener, ich war bereits beim Nachtisch, das Restaurant hatte sich schon fast geleert, da kam noch ein neuer Gast, nennen wir ihn Engelbert. Ein junge Hündin, so der Typ Jagdhund, nennen wir sie Annika, war dabei, an einer roten Leine, versteht sich. Ich war dermaßen mit meinem Nocino beschäftigt, dass ich dieser späten Neuerscheinung normalerweise keine Aufmerksamkeit geschenkt hätte, wäre da nicht diese raschelnde Mantelbewegung gewesen, die andauerte. Ich schaute also auf und sah, dass Engelbert die Annika in seinen Mantel wickelte, sie also neben seinem Stuhl verstaute und regelrecht einpackte, bevor er für eine eigene Sitzgelegenheit sorgte. Was mich veranlasste, halblaut zu bemerken:

“Bei Ihnen möchte man Hund sein!”

Engelbert reagierte darauf mit den Worten:

“Das sagen die Frauen auch immer!”

und wandte sich sofort der Speisekarte zu, die ihm sehr schnell zugestellt worden war, da es ja schon spät war und der Koch bereits im Mantel in der Tür gestanden hatte. Ich hatte also keine Gelegenheit nachzufragen, ob ich ihn recht verstanden hatte, denn ich glaubte, mich verhört zu haben.

Ich habe dann noch lange bei meinem Nusseis mit Likör gesessen, danach noch einen Espresso mit einem Grappa Amarone getrunken und darüber nachgedacht, wie Engelbert das gemeint haben könnte, während der am Nebentisch seine Speise genoss, auch den Rosé, und dann noch zwei Espressi, und dem Gebabbel gelauscht, das er mit Hilfe seiner AirPods in die Welt sandte, Sätze, in denen die Wörter “Bürgermeister”, Abgeordneter” und “Pseudoliberaler” immer wieder vorkamen.

Und mich gefragt:

“Was antwortet der wohl den Frauen , die ihm dauernd sagen, dass sie bei ihm Hündin sein wollen?”

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Problem erkannt?

Nun hat sich also gemäß meiner Frage nach der „moralischen Integrität“ der KI (siehe Beitrag zu ChatGPT) der deutsche Ethikrat des Problems angenommen.

Aber die Frage müsste ja doch viel früher ansetzen, nämlich bei der nach der moralischen Integrität von Bloggern, die Fake News verbreiten, sich dabei unschuldig hinter ihrem Blog verschanzen und darauf warten, dass die Follower ihnen alles abkaufen…

Wie abgefahren ist das denn, Herr Nida-Rümelin, Frau Simon und Frau Buyx? Ihr habt uns ja in der Corona-Krise ganz gut beraten. Aber Ihr solltet Euch mal schnell um die moralische Integrität der NT (Natürliche Intelligenz) kümmern!

So, soviel Selbstkritik musste mal sein…

Post Skriptum:

Folgendes ist ein Zitat aus der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung:

Herr Kapoor, Sie beschäftigen sich seit Langem mit KI. Was war Ihre erste Reaktion, als Chat-GPT aufgetaucht ist?

Sayash Kapoor: … Chat-GPT wird benutzt, um Bullshit zu automatisieren. Der Philosoph Harry Frankfurt hat Bullshit definiert als die Fähigkeit, zu überzeugen, ohne sich um die Wahrheit zu scheren. Ähnlich ist es mit Chat-GPT. Viele der Text-Outputs des Chatbots sind sehr überzeugend, und das ist das Problem. Denn wir haben unser ganzes Leben lang gelernt, Dinge aufgrund ihrer Form und ihres Inhalts zu beurteilen. Aber bei Chat-GPT können wir uns nicht mehr auf die Form eines Textes verlassen, um zu beurteilen, ob sein Inhalt gut ist.“

In diesem Interview wird auch erwähnt, dass die Redaktion einer Zeitschrift für Sciencefiction die Zusendung von Beiträgen stoppen musste, da sie nicht mehr unterscheiden konnte zwischen mensch- und maschinengemachten Storys. Ich halte eine solche Fokussierung in der gegenwärtigen Situation für falsch, da sie von der Tatsache ablenkt, dass wir selbst ohne KI und auch vor KI schon sehr oft Lüge nicht von Wahrheit unterscheiden können, da die Lügen in einer „Form“ daherkommen, die auch der Wahrheit eigen ist. Und es geht hierbei ja nicht nur um glasklare Wahr-falsch-Entscheidungen, sonder auch um die Frage, was fast 9 Millionen Influencer allein bei Instagram in einem Graubereich bewirken, den man als größte Manipulationswelle aller Zeiten betrachten kann.
Wir sind durch das Internet längst von einer gigantischen Flutwelle von Bits und Bytes bedroht, die unserer Freiheit in eben dem Maße gefährlich ist wie die drohenden realen Flutkatastrophen unserer physischen Existenz.

Die Katastrophen der Gegenwart nur ein kleines Vorspiel dessen, was wir nicht zu denken wagen? Hätte ich den Kleber, ich würde mich jetzt auf dieser Datenstraße festkleben. Oder ich könnte auch Bill Gates mit einer Apfelschorle zuschütten…

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ChatGPT klaut was gedruckt

Ich habe neulich von meinem Apple aus ChatGPT nach den Chancen befragt, dass die Bücher, die ich geschrieben habe, mich überleben. Wörtlich habe ich gefragt:

Werden meine Bücher auch in der Zukunft noch Leser finden?

Hier ist das Ergebnis:

Noch ehe sich an Dir die Würmer groß gefressen,
wird schon die ganze Welt Dich und Dein Buch vergessen.

Ich fand es jedenfalls erstaunlich, dass die KI wusste, welchen Computer ich benutze. Und fand es dennoch befremdlich, dass sie sich offenbar über mich lustig zu machen schien und einen Wurm mir die Zunge herausstrecken ließ.

Auf die Gefahr hin, mir ChatGPT zum Feind zu machen, will ich hier aber noch anmerken, dass diese KI offenbar vor Plagiaten nicht zurückschreckt. Denn ich habe herausgefunden, dass in der Süddeutschen Zeitung vom 13. März Willi Winkler in einem Artikel über Anna Louisa Karsch diese zitiert: “Noch ehe sich an mir die Würmer groß gefreßen,/wirt schon die gantze Welt, mich und mein Buch vergeßen.”

Soweit zur Kreativität von KI. Aber nun müssen wir uns Gedanken machen über deren moralische Integrität, oder?

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Zauberflöte und Iberico

Es gilt bei Zeitungsleuten als hohe Kunst, zwei Begriffe in einem Satz unterzubringen, die man so niemals vereint vermutet hätte. Hier also ein Bild, in dem zwei wesensferne Dinge vereint sind, eine Schallplatte von der “Zauberflöte” und eine Iberico, also eine spanische Salami.

Das Bild könnte indes völlig willkürlich zusammengestellt sein. Also was soll das?

Ich habe heute eine alte Schallplatte auf meinen alten Schallplattenspieler gelegt und meinen alten Ohren was Gutes getan. Wurde dann aber aus dem Genuss gerissen bei folgender Stelle (1. Akt, 8. Auftritt), an der TAMINO und PAPAGENO die DREI DAMEN nach dem Weg zur “Gralsburg” fragen. Das klang nämlich so:

TAMINO:
Doch, schöne Damen, saget an:
PAPAGENO:
Wie man die Wurst wohl binden kann.

Adrian, ich komme morgen ins Geschäft und mache meinen Hörtest!

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Fastenzeit

Jungfer Sein ist ja so etwas wie permanentes Fasten. Ich möchte mich daher zu Beginn der Fastenzeit mit diesem Thema beschäftigen.

Der Begriff oder das Wort „Jungfer“ sind allerdings ein bisschen aus der Mode gekommen. Das Wort ist ganz aus der Mode gekommen, die Jungfern aber so ziemlich auch. Wir sind halt alle dünnhäutiger als unsere Vorfahren. Einerseits. Und andererseits – wen schert das denn noch?

Aber interessant ist es trotzdem, sich einmal anzusehen, wie unsere Dichter und Denker mit diesem atavistischen Phänomen umgegangen sind. Und es wird sich herausstellen: Jeder auf seine typische Art und Weise!

Fangen wir an mit Friedrich Engels.

Die alte Jungfer, die in zivilisierten Ländern zumeist nur nominell vorkommt, ist in Deutschland allerdings ein bedeutender „sozialer Casus“.

Heißt: Es gibt in Frankreich, z.B., zwar Jungfrauen, aber nur auf dem Papier. In Deutschland aber denkt man an die Rente und sowas. Eine soziale Frage also.

Johann Wolfgang Goethe setzt das Thema dramatisch in Szene:

Jungfer! Ruf ich das Mädchen, ist, Jungfer, der Herr nicht zu Hause? Aber sie hört nicht, der Ruf schlägt ihr am Ohr nicht an.

Würde sie „nein“ antworten, käme das einer Aufforderung gleich, ins Haus zu kommen. Würde sie „ja“ antworten, bedeutete das, dass sie den Hintersinn der Frage sehr wohl verstanden hat, was sie aber nicht zugeben dürfte. Altmeister Goethe kennt sich mit (Jung-)Frauen aus und verordnet der Jungfer Schweigen.

Friedrich Schiller setzt das Thema pathetisch in Szene:

Reizende Fülle schwellt der Jungfrau schwellende Glieder;
Aber der Stolz bewacht streng wie der Gürtel den Reiz.

Es schwillt bei Schiller eine ganze Menge. Aber der Stolz ist das Moralin der schillerschen Kunde.

Weniger moralisch, als vielmehr lebenserfahren gibt sich dagegen Gotthold Ephraim Lessing.

Auf das Jungfernstift zu…

Denkt, wie gesund die Luft, wie rein
Sie um dies Jungfernstift muß sein!
Seit Menschen sich besinnen,
Starb keine Jungfer drinnen
.

Lessing kannte sich da wohl aus…

Auch der Mathematiker, Philosoph, Exzentiker Georg Christoph Lichtenberg hat sich den Jungfern gewidmet. Er hat das aber auf eine so clevere Weise gemacht, dass ich ihn leider nicht verstehe.

Jungfern, davon drei aufs Säkulum gehen.

Ich kapituliere, aber Ihr seid gewiss schlauer und könnt mir sagen, wie er das gemeint hat…

Anregungen und mehr zu diesem Post verdanke ich dem schönen Büchlein Der Lustgarten (Eulenspiegel Verlag Berlin 1989)

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Reimischer Karneval

Ein alter Freund von mir unterhält bei WordPress einen Blog (Klaus Bayer: Kleine Reime). Im Alter beschränkt er sich auf Haikus, die am Fließband produziert werden. Neulich (13. Februar) las ich:

“Strauß

den Kopf in den Sand?
lieber unter die Röcke
gütiger Engel!”

Da frage ich mich: Was hat ein 75-jähriger Germanistik-Professor unter den Röcken gütiger Engel zu suchen, wenn er doch selber einsieht, dass so ein Liebesdienst allenfalls als milde Gabe vergeben würde? Anmerkung: Es könnte eingewendet werden, dass dieser Haiku nichts mit dem emeritierten Professor zu tun haben muss, sondern lediglich ein kleines Wortspiel im Gewande eines Haikus ist. Dagegen spricht der Haiku vom 19. Februar, der ausgewiesenermaßen bei einem Besuch in Japan entstanden ist und belegt, dass persönliche Erlebnisse in diesen Haikus verarbeitet werden:

“Wintereinbruch in Kioto

Schneeflocken landen
mit zärtlichem Zischen auf
Minirockschenkeln”

Mein alter Freund ist also ein Haiku-Freak mit Hang zu Frauen mit kurzen oder öffentlichen Röcken. Ich liebte (siehe Leo Läufers Baustelle) Sonette. Ist lange her. Aber ich versuch’s noch einmal (Siehe dazu unbedingt den Post: Leo ist real…” beachten!):

Ein sehr künstliches, aber metrisch megagelungenes Sonett über einen Blitz aus der Vergangenheit

(Eine metrische Fingerübung)

Ein Brief, ein Wort, ein Ruf, ein Schrei.
Ein Blick, eine Dort, ein Hier, dabei
Weiß mancher nicht, ob’s war, ob’s ist.
Zu vage der Erinn’rung Frist.

Ich hat’ ‘nen Freund vor langer Zeit.
Es dünkt mich eine Ewigkeit.
Er schreibt aus einem fernen Land,
Das ist mir fern und unbekannt.

Vergesse ich die Sache doch
Und lass es einfach bleiben.
Doch rumpelt etwas in mir noch,

So lass’ ich mich denn treiben.
Zum Teufel der Gedanken Joch:
Ich werd’ mich an ihm reiben.

(Das ist das Gegenteil von “Rutsch’ mir doch den Buckel runter, lieber Michael!”)


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Ach Gott, noch ein Beweis

Axiom:

Aus Nichts kann nicht Etwas entstehen.

Tatsache:

Es gibt Etwas.

Schluss:

Dieses Etwas ist Ewig, Gott, ach zum Teufel, nenn’ es, wie du willst…

Erläuterung:

Wenn etwas nur aus etwas, aber nicht aus nichts entstanden sein kann, führt uns das auf die Frage nach einer Prima Causa, also einer ersten Ursache, die dann nichts anderes wäre als die unendliche Summe alles dessen, was ist.

Manche Leute sehen darin eine Art Gottesbeweis. Ich sehe darin nichts als eine schöne Gedankenspielerei…

Dies ist nur ein Scherflein, das der Schärfung bedarf. (Ist das wirklich der Nukleus eines Gottesbeweises? Könnte man so etwas so einfach abtun? Entweder ernst nehmen oder die Finger davon lassen? Fragen über Fragen…)

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Leo ist real, aber sich selber nicht transparent…

Leo Läufer ist in diesen Tagen schwer mit seiner Vergangenheit beschäftigt, was nicht verwundert, da sie ihn eingeholt hat, ohne sich bildhaft zu erkennen zu geben…

Also, von vorne. Im Beitrag Leo ist real wurde ja schon von merkwürdigen Koinzidenzen berichtet, nämlich dass ich ausgerechnet in dem Augenblick, da ich mich 5 km von Baarlo aufhielt, eine Mail bekam von jemandem, den ich nicht kannte, der aber behauptete, er habe vor etwa 40 Jahren einen Brief an meine damalige niederländische Adresse (Baarlo) geschrieben, eingetütet und frankiert, aber nie abgeschickt und ihn gerade erst per Zufall wieder entdeckt. Er schickte mir ein Bild zum Beweis.

Das Haus in Baarlo (zwischen Venlo und Roermond in der niederländischen Provinz Limburg) gehörte meiner damaligen Familie von 1982 bis 1986. Erst 1984 habe ich Leo Läufer “erfunden”, und zwar mit einem Sonett, das ich das “Letzte” nannte 1. da ich glaubte, die Zeit für Sonette sei vorbei, und 2. da ich dies auch “beweisen” wollte, indem ich ihm einen selbstironischen Titel gab. Wer sich dafür interessiert, kann es auf der etwa 1995 gegründeten Website Leo Läufers Baustelle nachlesen.

Das alles bedeutet, dass besagter Brief zwischen 1984 und 1986 nicht abgeschickt wurde.

Natürlich habe ich mein Hirn gemartert, sprich, es auf neuronale Verkerbungen, Gehirn-Graffiti untersucht. Aber es wurden keine Vorstellungen wach, die darauf hinweisen, dass ich diesen Michael K. jemals kannte.

Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Michael hatte angekündigt, dass er den von ihm ja nicht geöffneten Brief umadressieren werde, und er kam heute mit der Post an. Ich hatte natürlich die Hoffnung gehegt, dass sich aus dem Inhalt des Briefes eine Verbindung herstellen ließe zwischen der bloßen Buchstabenfolge “Michael K.” und bestimmten bildlichen Vorstellungen, kurz, dass in mir die Vorstellung eines Gesichtes oder sogar eines Ereignisses, das vor circa 40 Jahren stattgefunden hat, entstehen würde.

Der Brief kam also heute an, äußerlich und offenbar erst neulich kunstvoll illustriert vom Sender, und neben der 75-Gulden-Cents- Briefmarke klebte eine neue Briefmarke über 85 Euro-Cents aus Deutschland.

Nun wusste ich, dass das Briefporto sich innerhalb von 40 Jahren mehr als verdoppelt hatte. Der Inhalt des Briefes stellte sich indes als ziemlich erkenntnisfrei heraus. Er besteht ausschließlich aus der Grafik einer kleinen Kirche oder Kapelle in Vrouwenpolder, das an der niederländischen Küste liegt, wo ich aber nach meiner Erinnerung nie gewesen bin.

Ende Gelände.

Fragen können nagen. Und so frage ich mich, warum jemand einen Brief frankiert, den er nicht abschickt. Und ich frage mich, ob nicht die etwas sperrige Druckschrift auf dem Briefumschlag eine kleine Ähnlichkeit aufweist zu der Namenschrift auf der Grafik. Die Signatur rechts unten ist klein und schwer entzifferbar. Aber wagen wir doch mal eine Hypothese: Michael K. hat mich zwischen 1984 und 1986 irgendwo kennengelernt. Ich habe ihm, warum auch immer, von Leo Läufer erzählt. Und er, der damals wohl seinen Wohnsitz in Holland hatte, beschloss, mir eine seiner Zeichnungen zu schicken, fand das dann aber unangebracht, da dazu ein konkreter Anlass nicht gegeben war außer vielleicht dem Umstand, dass er sich als Künstler vorstellen wollte, empfand das dann selber als Expo- oder Imponiergehabe und ließ es sein.

Wie ich Michael K. kenne, mit dem ich ja inzwischen ein paar Emails ausgetauscht habe, ist das hier jetzt doch nicht das Ende vom Lied…

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Leo is real

Ich erhielt heute eine Email von einem Michael K., der mir das unten abgebildete Foto schickte. Er hat den darauf abgebildeten Brief, der offensichtlich an mich adressiert war, bei sich zu Hause gefunden, per Zufall, er war nie abgeschickt worden, und Michael sagt, er habe ihn nun auch nicht geöffnet wegen des Briefgeheimnisses…

Der Brief muss circa 40 Jahre alt sein, denn so lange ist es her, dass ich ein Haus in Baarlo besaß.

Mich erreichte diese Email circa 5 km von dem Haus in Baarlo entfernt, wo ich mich aufhielt, um den Baum zu finden, unter dem mein Bruder vor ein paar Wochen begraben worden ist.

Zufall? Schicksal? Der Brief ist jedenfalls ein Beweis dafür, dass es Leo Läufer schon vor 40 Jahren gegeben hat. Donnerlittchen! Alter Schwede! Leo, der Kaaskop, den gibt es also wirklich.

Tot ziens

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