Monatsarchiv: März 2021

Mitteilungen aus der Kronen-Gruft 33: Etappensieg

Heute war ich in Halle 1 des Saarbrücker Messegeländes, um mich das erste Mal gegen Corona impfen zu lassen. Geparkt habe ich in der Nähe des Geländes, habe die Zufahrt zur Autobahn überquert, die beiden Wächter am Eingang gefragt, wo es zum Impfen geht. Zum Gebäude da, dahinter rechts, wurde mir beschieden. Der Zugang ist offenbar für größere Menschenmengen ausgelegt, mit Warteschleusen, Abstandsmarkierungen und gelegentlichen Bänken für die, die nicht so lange stehen können. Dann der Empfang. Eine freundliche junge Frau, die fragt, ob es mir gut geht. Sie nimmt meine Daten auf, misst meine Temperatur und versieht mich mit einem weißen Armbändchen mit einem Nümmerchen. Beim Scannen des QR-Codes auf meinem iPhone kommt es zu einer kleinen Anspannung, die leicht zu einem kleinen Streit hätte führen können. Zum Scannen nahm sie mir das iPhone aus der Hand und hielt es unter das an der Wand befindliche Lesegerät. Ich weise sie höflich darauf hin, dass der Scanvorgang doch wohl besser in einer Weise erfolgen sollte, die eine Fremdberührung meines Handys vermeiden würde. „Ich desinfiziere hinterher immer meine Hände,“ sagt sie. „Das hilft mir aber nicht,“ sage ich. Als sie anfängt, ihr Verhalten zu rechtfertigen („Früher haben wir das anders gemacht, da hatten wir ein mobiles Handgerät, das wir ans Handy halten konnten.“), sage ich schnell, ich wolle ja gar keinen Stress machen und würde von ihr auch keine persönliche Rechtfertigung verlangen… Sie schickt mich dann zur nächsten Station. Am Eingang Nr. 7 werde ich von einem Mann bedient. Er händigt mir ein paar Papiere aus, die ich ausfüllen soll, überreicht mir ein Schreibpad mit ein paar Formularen, auf das auch mein Impfpass geklemmt wird. Scannt meinen Personalausweis, notiert sich meine Krankenversicherungsdaten und bedeutet mir, ich solle jetzt da rechts weitergehen zum Wartesaal Nr. 1. Da nehme ich auf einem Stuhl Platz und verfolge die Nummern auf einer Tafel, die beständig erneuert werden. Meine Nummer erscheint, 295-1895, ich werde in die Kabine 16 gewiesen. In Kabine 16 taucht bald danach ein junger Arzt auf, der mich als Kollegen begrüßt. Nicht genau Kollege, sage ich. Und wie viele Ärzte in einer solchen Situation will er nun genau wissen, mit wem er es denn dann zu tun hat, wenn nicht mit einem Arzt. Und wie immer in einer vergleichbaren Situation empfinde ich diese Ausfragerei als lästig, gebe ihr aber nach. Der junge Arzt erklärt mir noch ein wenig dies und das, kann zu einer Anschwellung am Oberarm kommen, evtl. Kopfschmerzen. Paracetamol. Der Arzt ist indes nur für die Aufklärung zuständig. Die Spritze verabreicht ein etwas älterer Mann ohne Namensschild. Von dem Einstich merke ich gar nichts. Ich sage ihm, er könnte das gern nochmal machen. „Ich kann das so oft machen, bis Sie was davon merken!“ sagt er mir. Und schickt mich in den Wartesaal 2, wo ich noch 15 Minuten auf einem der breit verteilten blauen Stühle warten soll. Die meisten Stühle sind leer. Die Impfung scheint insgesamt gut organisiert zu sein. Neben älteren Menschen wie ich sind auffallend viele jüngere hier. Pflegepersonal oder Vordrängler? Nach sieben oder acht Minuten stelle ich mich in einer Schlange an vor einem der Check-out-Stellen. Nach insgesamt 40 Minuten bis ich wieder am Auto und fahre mit einem guten Gefühl nach Hause: Erste Impfung, ein kleiner Etappensieg.

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Mitteilungen aus der Kronen-Gruft 32: Starren, aber wohin?

Der Oberbürgermeister von Rostock sagte heute bei Maybrit Illner zum abgesagten Osterruhelockdown: „Sollen die Leute zu Hause auf dem Sofa sitzen und die Decke anstarren?“

Ich lese in dieser Zeit sehr viel. Und ziehe mich in einer Lesepause aufs Sofa zurück und an einer Zigarre und starre auf Adonis, den völlig entspannten Platzhalter.

Man könnte in diesen Zeiten fast neidisch werden auf meine Hausfreunde, die, wenn ich dann wieder lese, entspannt in der Sofaecke pennen.

Ach, wäre ich doch eine Art chronologisch reduziertes Dornröschen, das nicht 100 Jahre, aber wenigstens 1 Jahr schlafen würde, um dann von einer geimpften Prinzessin geweckt zu werden mit den getesteten Worten: „Alles ist gut!“ Frau Käsmann, Theologin, erklärte bei Illner nüchtern: „Der Mensch braucht Hoffnung. Den Ostergottesdienst brauchen wir der seelischen Gesundheit willen!“ Ja, ja. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Er braucht auch mal was Flüssiges oder Flüchtiges wie die Hoffnung. Ich werde mir jedenfalls noch eine Flasche Wein aus dem Keller holen. Da unten lagern noch viele Hoffnungsträger. Andere horten Klopapier. Das ist nicht nur unsozial, sondern auch nicht zielführend. Corona verlangt intelligente Lösungen (das behauptet jedenfalls Herr Lindner von der FDP – und der hatte sich für dieses Statement extra wieder eine Krawatte umgehängt -), keine Papiertiger.

Der Abend bei Illner ließ jedenfalls Fragen offen. Ich frage mich indes, ob Jens Spahn demnächst Privatinsolvenz anmelden muss. Kann er sich dieses 4.3 Mio teure Einfamilienhäuschen in Berlin wirklich noch leisten, wenn er in absehbarer Zeit nicht Bundeskanzler wird?

Offen blieb auch die Frage, ob das saarländische Hänschen, Tobias Hans, Ministerpräsident, mit seinem „Modellprojekt“ für Lockerungen einen mutigen Schritt tat oder schlicht sich nicht an das hält, was vereinbart worden war. Hans präsentiert sich sehr überzeugend. So wie Jens Spahn seinerzeit. Kann man bei jenem auch höhere Ambitionen vermuten?

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Auf ein Wort… (Spruchspieß No 1)

Jean Paul: Titan, 68. Zykel

 

Solang‘ ein Weib liebt, liebt es in einem fort – ein Mann hat dazwischen zu tun -.

 

只要女人戀愛了,她就會永遠愛男人-男人不時忙於其他事情-.

 

As long as a woman is in love, she loves through and through – a man has to do something in between -.

 

Tant qu’une femme aime, elle aime tout le temps – un homme doit faire quelque chose entre les deux -.

 

Amíg egy nő szeret, mindig szeret – a férfinak közben valamit tennie kell -.

 

Zolang een vrouw liefheeft, heeft ze altijd lief – een man moet in de tussentijd iets doen -.

 

Oder bildlich dargestellt:

Weib: _______________________________________

Mann: —vvv—vvv—vvv—vvv—vvv—vvv—vvv—vvv—vvv—

Des Weibes Liebe stellt sich also dar wie die Todeslinie auf dem Vitaldatenmonitor  einer Intensivstation, die des Mannes wie das Versmaß lebendiger Poesie. 

Was können wir daraus schließen? Man war zumindest im 18. Jahrhundert der Auffassung: Zuviel Liebe kann erdrückend sein (Siehe auch: „Ihre Liebe nahm ihm den Atem!“ Man sollte solche vermeintlichen Sprüche endlich ernst nehmen! – Wir sollten endlich anfangen, die Weiber umzuerziehen.) Oder lieben unsere Frauen heutzutage ganz anders? Dann sollten die Männer ein Verständnis für die Intervalle (haha) entwickeln!  Und lernen, sich zu synchronisieren… Wie’s jenen gefällt.

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Treue (in Corona-Zeiten kein Problem, oder?)

Marco Missiroli: Treue.Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2021

Christine Westermann hat vor ein paar Wochen auf WDR 2 im Buchtipp ein aus dem Italienischen von Esther Hansen übersetztes, bei Klaus Wagenbach 2021 erschienenes Buch des Italieners Marco Missiroli besprochen, von dem mir ein von der Rezensentin aufgegriffener Gedanke in Erinnerung geblieben ist, nämlich ein dem Buch entnommener Satz, dass man, um sich treu bleiben zu können, gelegentlich auch mal untreu sein müsse. Leider wird dieser Gedanke, von dem ich zuerst dachte, dass er sehr abenteuerlich sei und ich gerne wissen wollte, wie denn dessen Ausführung gestaltet werden könnte, im Buch zwar wie ein leiser Paukenschlag in einer ansonsten gemäßigten Oper aufgeführt, ohne indes verfolgt zu werden und der Leser sich im Großen und Ganzen mit Fragen ehelicher Treue, also relativ banalen Gegenständen, die Lesezeit vertreiben muss.

Die vollständige Rezension kann man in Reflexe und Reflexionen lesen.

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Drei Knödel für ein Halleluja

Kanton-Ente ist die Monstranz chinesischer Kochkunst.

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Mitteilungen aus der Kronen-Gruft 31: Leben

 

Unser Leben erleben –

oder einfach nur leben?

In Zeiten wie diesen

entscheide ich mich

für den zweiten

Lebensweg

(Was für ein Scheißselbstbetrug!)

 

Experience our life –

or just live?

In times like this

I choose

for the second

Life path

(What a shitty self-deception!)

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Biedermann und die Brandstifter

„Biedermann und die Brandstifter“ ist ein Drama von Max Frisch aus dem Jahre 1953, also schon etwas in die Jahre gekommen. Es ist eine Burleske, ich würde sagen: eine Posse, und diese Posse passt zu den possierlichen Ereignissen rund um ein Gartengrundstück in Saarbrücken-Dudweiler. Dudweiler war einmal das größte Dorf Deutschlands, bis es eingegliedert wurde. Das hat aber nichts genützt. Denn solche Dinge passieren halt immer noch, wo einmal Land war. Auf dem Land also.  Schaut mal:

Hier sehen wir einen ganz gewöhnlichen Gartenzaun aus ansehnlichen Holzelementen mit einer Eingangstür, an der drei Elemente befestigt sind: Ein Hängeschloss, ein Willkommens-Kranz und eine Klingel. Was man also nicht sehen kann, ist hinter dem Zaun: Eine Menge Blumen- und Gemüsebeete, auch kleine Treibhäuser, Beerensträucher, ein paar Hühner rund um einen richtigen Hühnerstall. Ein ausgedienter Wohnwagen dient als Gartenhäuschen, also zum Verschnaufen. Ein paar Solarzellen liefern Strom für die Weihnachtsbeleuchtung. In einem ausgeklügelten System wird Regenwasser in Behältnisse geleitet. Rosen ranken sich an Pergolas und einem Pavillon, denn wer viel arbeitet, hat ja auch mal eine Pause verdient. Diese mit viel Know-How, Kreativität und Fleiß gestaltete Gartenanlage soll den beiden Pächtern, einem Pärchen aus den Weiten der russischen Taiga, vielleicht etwas von dem ersetzen, was sie hinter sich gelassen haben, nachdem es sie in eine Dudweiler Etagenwohnung verschlagen hatte.

Wie viele Sachen, hat auch die Straße, an der das Gartengrundstück liegt, ihre Kehrseite, also eine andere Seite, eine ganz andere Seite. Schaut wieder:

Hier wohnen die Menschen alle in einer Etagenwohnung, und ohne Garten dreht der eine oder die andere da schon mal durch, wie mir scheint. Wie ist es sonst zu erklären, dass im 4. OG dieser Wohnanlage ein älterer Herr regelmäßig auf dem Balkon steht und mit einem Fernglas in den Garten gegenüber starrt (also hinter den Zaun blickt, wo sonst niemand hinschauen kann oder will) und schließlich der Hausverwaltung mitteilt, man müsse gegen die da gegenüber was unternehmen. Denn man wolle ja schließlich keinen Campingplatz vor der Haustür.

Ihm wurde assistiert von (s)einer Frau, die  auf einer Eigentümerversammlung völlig außer Kontrolle geriet, wenn sie sagte: „Wenn die da unten in ihrem Campingwagen mit Gas heizen, sollen die sich doch selber umbringen. Wir wären das Problem jedenfalls los.“ (Man kann auf dem ersten Bild einen dünnen Stab auf dem Wohnwagen erkennen. An dem war mal eine Satellitenschüssel befestigt. Dieser Stab wurde für einen baurechtlich illegalen Schornstein  angesehen.)

Ich möchte zwei Zitate aus Wikipedia: „Biedermann und die Brandstifter“ hier anfügen. Sie haben keinen direkten Bezug zu dem Bisherigen. Jeder möge darüber denken, was er will.

 Er (Biedermann) behauptet bloß, „kein Unmensch“ zu sein: Seinem ehemaligen Mitarbeiter Knechtling lässt er zum Beispiel, nachdem dieser sich gegen seine Kündigung gewehrt hat, ausrichten, er solle sich doch „unter den Gasherd legen“, und wundert sich später, als dieser seinem Rat folgt.

Tatsächlich hat sich Biedermann nicht erst mit der Überreichung der Streichhölzer an die Brandstifter, sondern spätestens in dem Augenblick zu deren Komplizen gemacht, als er dem Polizisten gegenüber wahrheitswidrig angibt, die Fässer auf seinem Dachboden enthielten „Haarwasser“; eine dreiste Lüge, die zeigt, dass er im Leben keineswegs stets die Zehn Gebote eingehalten hat. Diese Verlogenheit Biedermanns ist jedoch nicht einzig nach außen gerichtet, sondern vor allem auch gegenüber ihm selbst vorhanden, was die Grundlage seiner Mentalität des feig-ängstlichen, sich geistig zurechtbiegenden und verdrängenden „Nicht sein kann, was nicht sein darf“ darstellt.

Jeder kann sich daraus was zurechtschneidern.

Die Anmerkung wegen der Vergasung war nicht possierlich und nicht witzig. Aber leider wohl auch nicht justiziabel. Aber skandalös ist doch, dass das so stehen blieb in der Versammlung.  Ein Haufen Biedermänner.

Zwei Russen machen Camping vor unserer Haustür? Nein, Danke!

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