love me sweet
never let me go
Es ist bisher weniger bekannt, dass Musketiere Selfies machen. Man sah sie bisher meist auf Pferden und mit rauchenden Colts durch die Savanne reiten. Hier haben wir nun eines der wenigen Bilder, auf denen die Musketiere während einer Fußwanderung (sic) in der Pfalz zu sehen sind, mit ihren Frauen. Ja, Musketiere haben neben ihren Pferden auch Frauen. Und wenn es dann mal ohne Pferde, aber mit Regen losgeht, entstehen Selfies, auf denen man sich ein wenig totlacht. Um dem Wetter zu trotzen.
Die Paarung ist allerdings interessant. Die Zwei da hinten fühlen sich vor allem mündlich verbunden. Die beiden im Nahbereich des Smartphones eher durch einen ins sich gekehrten, leicht verträumten Blick (Wobei allerdings anzumerken ist, dass in ihren Augen eine spitze Sehnsucht nach der Außenwelt aufblitzt.). Und die beiden diagonal angeordneten Wanderer ergänzen sich negativ, was die Zähne betrifft: Sie zeigt alles, was sie hat, er hält sich da bedeckt und scheint sich etwas zu verkneifen.
Und am Ende hat sie der im Hintergrund sichtbare gurgelnde Schlamm vermutlich verschluckt.
Ein letztes Foto also.
Leo Läufer, der aus Altersgründen nicht dabei war, hat überlebt…
Und diese Photoshop-Selfie-Satire noch so gerade hingekriegt.
So, watch out what you are posting!
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Das hatte ich bisher nicht gewusst. Es gibt Frauen, die man als duale Systeme bezeichnen kann. Diese Erfahrung durfte ich heute Mittag im Düsseldorfer Fischhaus machen.
Wenn man sich in Düsseldorf in eines der Lokale begibt, in denen man sich an schmalen langen Tischreihen gegenübersitzt, kommt man meist sehr schnell mit seinen Nachbarn ins Gespräch. Denn der Düsseldorfer ist bekanntlich recht leutselig.
Ich saß also allein an meinem kleinen Tisch, und am Tisch nebenan hatten schon zwei Frauen ihren Platz gefunden und waren in ein reges Gespräch vertieft. Genauer gesagt, die jüngere der beiden, offenbar eine Medizinstudentin, redete ununterbrochen auf die ältere ein, eine Dame etwa in meinem Alter oder auch 10 Jahre jünger. Letztere das blonde Haar fein gestylt, weiße Bluse, kurzer schwarzer Rock und leicht gestöckelte Schuhe. Die jüngere ein wenig korpulenter, Jeans, ein blau-weiß gestreiftes, locker sitzendes leichtes Sweatshirt, das braune Haar hinter dem Kopf zusammengebunden. Ich erwähne das nur, da sie für ein Foto, das die ältere Freundin von ihr machen wollte, ihr braunes Haar herunter wallen ließ.
„Lass doch! Sieht doch gut aus“, hatte die Ältere gesagt.
„Ist so besser für mein Gesicht“, sagte die Jüngere.
Und dann wurde geschwätzt und geschwätzt. Und das Auffällige war, dass keiner von den beiden ein einziges Mal zu mir herüber sah. Vor allem die Jüngere hätte nur ihre Augen leicht nach rechts bewegen müssen, um mit mir in Blickkontakt zu kommen. Normalerweise wünscht man dem unbekannten Nachbarn im Fischhaus einen Guten Appetit, wenn er sein Essen erhält. Nichts von alle dem. Die beiden schienen absolut in ihrer kleinen Welt eingeschlossen zu sein.
Bis mir Folgendes auffiel.
Der jüngeren war das lockere Sweatshirt von der linken Schulter gerutscht, so dass der schmale Schulterstreifen eines lila Bhs sichtbar wurde. Ansonsten sah ich nichts, was besondere Beachtung verdiente, außer vielleicht, dass sie vermutlich über einen erheblichen Busen verfügte.
Nach einer Weile bemerkte ich, dass die linke Schulter wieder ganz bedeckt war. Aber nun war auf der rechten Seite ein ebensolcher feiner lila Streifen zu sehen. Dieses Wechselspiel wiederholte sich noch ein paar Mal, bis es zu einer neuen entblößenden Variante kam. Kaum war die Suppe gegessen (obwohl das wahrscheinlich mit der Suppe nur am Rande was zu tun hatte…), waren ihre Schultern bedeckt. Aber nun war der vordere weite Rand des Sweatshirts in der Mitte so weit nach unten gezogen, dass man deutlich „die Zäsur, die streng den Busen teilet“(Heinrich Heine: Das Hohelied) erkennen konnte.
Ich behaupte nun, dass wir hier den eindeutigen Fall einer dualen Kommunikation vorliegen haben. Sie, die Jüngere, redete sehr konzentriert mit ihre Freundin. Und gleichzeitig versuchte sie offenbar, meine Aufmerksamkeit zu gewinnen, was ihr ja auch gelungen ist. Und diese beiden Dinge hatten nichts miteinander zu tun. Es handelt sich hier mithin um ein duales System, genauer gesagt, um frauenspezifischen Dualismus (Natürlich gibt es auch die männerspezifische Variante. Aber dazu vielleicht ein andermal.).
Nun, mag mancher sagen: Der alternde Leo Läufer ist seiner männlichen Eitelkeit oder schlicht seiner Greisenphantasie erlegen.
Keineswegs, antworte ich. Denn ich machte die Probe aufs Exempel.
Am Schluss stand ich nämlich auf, wandte mich zu den beiden Damen hin und wünschte noch einen Guten Appetit.
Da verschwand die linke Hand der Jüngeren blitzschnell hinter ihrem Rücken.
Und der Vorhang wurde zugezogen.
Der dann folgende flüchtige Augenaufschlag sprach den Rest der Bände…
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Berechtigte Frage: Wieso hat der in seinem Zelt einen Badeheizkörper?
Vielleicht sollte man mal einen Psychiater aufsuchen, wenn man beim In-den-Spiegel-Sehen die Farbe wechselt.
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Ich habe sie also besucht, die Ausstellung im NRW-Forum Düsseldorf, in der die digitale Ichwerdung des postmodernen, globalisierten Menschen anhand der Werke einiger Bildkünstler aufgezeigt werden soll (19. September 2015 – 17. Januar 2016). Neben der Kasse (Eintritt moderate 6 €) ist ein riesiger Tisch, auf dem Accessoires rund ums Selfie zum Kauf angeboten werden: Ein Karton mit Partyzubehör, also Schnurrbärte, Brillen und rote Nasen; ein Kit zum Selbermachen von Filmen mit dem Smartphone (ohne Smartphone, ohne App); ein Buch mit Tipps zum Selfieren; Bildbände mit Selfies, der anrührendste wohl ein Fotobuch mit Aufnahmen von Weihnachten von 1900 bis 1945, immer das gleiche Paar neben dem Tannenbaum zu sehen, etc.
Im unteren Bereich hängen Bilder von bekannten Menschen, Schauspielern, Sängern, etc. an der Wand. Bemerkenswert ein UnBild, nämlich das von Daniel Barenboim, dem Leiter der Berliner Symphoniker. Unbild,weil nicht sein Bild mehr da hängt, sondern ein Brief seines Büros mit der Bitte, das Bild zu entfernen. In einer engen, abgetrennten Abteilung Konfetti auf dem Boden und ein Video von einer Rapper Band. In der Mitte eine Büste von Fidel
Castro, sag ich mal, die linke Hand ist ausgestreckt, die bronzene Hand so geformt, dass gerade ein Smartphone zwischen die Finger passt. Während ich auf das Auslösen wartete, standen Menschen in der Tür oder am Fenster der Kabine und ließen Kommentare los wie: Da müssen Sich sich den Bart länger wachsen lassen! Witzig!
Ein Bildschirm war an einer Wand in der großen Halle zu sehen, auf dem Szenen eines Lebens in Küche und Schlafzimmer flimmerten. Dazu gab’s Kopfhörer, so dass man hören konnte, was die junge Frau so vom Leben hielt. Das größte Bild des Raumes besteht aus hunderten von Einzelbildern, auf denen jeweils ein Mensch zu sehen ist, der sich – wie der Künstler es verlangt hatte – in seiner privaten Umgebung selber fotografierte und
dazu den Stinkefinger zeigt. Ein einziges Bild, etwas größer als die meisten anderen, kam dreimal vor: Eine schwarze Schönheit im BH, aus dem Atombrüste quellen. Als Zugabe der Stinkefinger, für dessen Exposition der Selfie-Man, die Selfie-Woman vom Künstler 50 Cents kassiert hat. Dann gab’s da noch eine Skaterbahn, die mit Fuß-Selfies tapeziert worden war. (Betreten auf eigene Gefahr!
Und an der Treppe zur Empore: Mindestgröße 1,40 m!) Interessant auch die Bilder, die jemand bei Google Earth entdeckt hatte mit Gesichtern, mit Gesichtern der Erde sozusagen. Einen anderen Blick in die Tiefe vermittelte eine weitere Serie von Bildern mit Selfies auf Wolkenkratzern. Da kann man nur sagen: Mut zum Selfie! In der oberen Etage weitere Bilder, z.B. von einer jungen Frau beim Selfie-Selbst-Küssen (sie nannte das wohl Frenchkissing), also sie trug Kopfhörer und küsste beständig an den Fingern ihrer rechten Hand herum. In der linken hielt sie wohl die Kamera. Oder ein Holzverschlag, gebaut aus alten, also gebrauchten Paletten, der Eingang ein tief hängender Müllsack, dahinter, also innen drin ein ungemaches Bett, jede Menge leerer Bierdosen und an den schmutzigen Palettenwänden jede Menge Selfies von nackten, dicken Brüsten. –
Ich bin dann noch etwas durch den vom Sturm verwüsteten Hofgarten spaziert, erblickte plötzlich rechts von mir die Tonhalle, die von einem sturmerhaltenen alten Baum eingerahmt wurde und habe mir gedacht: Jetzt machste mal kein Selfie, sondern ein anständiges Bild! Sehen Sie selber!
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Die Süddeutsche Zeitung brachte am 30. Oktober einen Artikel von Bernd Graf mit den Überschriften
Selfies jetzt
Die Egopaparazzi
Dazu ein reizendes Bild vom Selfie einer jungen Frau, die das Smartphone auf ihren roten Slip gerichtet hält.
Der Artikel bezog sich im Wesentlichen auf eine Ausstellung im Düsseldorfer NRW-FORUM, die bis zum 17. Januar dort zu besichtigen ist. Thema: Ego Update.
Selfies, auch bewegte, sind auf diesem BLOG ja gelegentlich zu beobachten. Nach der Lektüre des Artikels von Bernd Graf habe ich mir gesagt: Mensch, du liegst ja voll im Trend, bist ungefähr im Alter von Oma (Ohne Modem Aufgewachsen. SZ von heute) Clinton, brauchst aber per Email niemanden zu fragen, wie ein Smiley geht. Und nachdem ich mich so in ein gewisses Hochgefühl gelesen hatte, habe ich folgendes Selfie freigegeben:
The older the violin, the sweeter the music.
Zitat aus Larry McMurtry: Lonesome Dove, von einem Spruch von Gus, der in dem Buch auf Seite 27 und auf Seite 704 nachzulesen ist, in der 25-Jahre-Jubiläums-Edition.
Natürlich habe ich damit Raum gegeben für die Frage, was denn, bitte schön, eine dicke Zigarre mit einer Geige zu tun hat. Ich gebe die Frage, bitte schön, zurück…
Der Roman von Larry McMurtry wird demnächst in Reflexe und Reflexionen besprochen werden.
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