Schlagwort-Archive: Chinesisch

FI CHI PA

Meine kleine chinesische Freundin kam neulich nach Hause und erzählte mir ganz aufgeregt, sie habe in der City eine alte Schulfreundin aus China getroffen. Vierzig Jahre nicht gesehen. Unbedingt mal besuchen. „Wo wohnt die denn?“ Sie nannte ein paar Namen, also versuchte sich an ein paar Versionen eines Wortes und entschied sich schließlich für so etwas wie Fi Chi Pa. Ich sagte natürlich: „Kenne ich nicht. Wo liegt das denn?“ „Na, bei Neunkirchen“, sagte sie. Ich bot ihr meinerseits nun ein paar Namen an: St. Ingbert, Spiesen, Elversberg, Sulzbach, Rohrbach? Immer wieder NEIN. Diese andauernde Negativität war ich bei meiner dauerfröhlichen chinesischen Freundin nicht gewohnt, und sie tat mir fast ein bisschen leid. Ich fragte also: „Meinst Du Fi Chi Pa?“ „Ja, genau“, rief sie befreit lachelnd. Doch nach einer Sekunde gefror das Lachen, sie legte hörbar den Rückwärtsgang ein – um dann sehr nachhaltig in mein Lachen einzustimmen. (Sie meinte übrigens Friedrichsthal und lag, was die Vokale angeht, gar nicht falsch…)

Ein Kommentar

Eingeordnet unter Ganz schön smart - die Chinesen, Zeitliches

Genderspezifische Hermeneutik

Carl Friedrich von Weizäcker hat (Rüdiger Safranski zufolge) einmal Martin Heidegger den folgenden Witz erzählt:

Ein Mann sitzt jeden Abend im Wirtshaus. Da fragt ihn einer:

“Warum bist du jeden Abend im Wirtshaus?“

“Wegen meiner Frau.“

“Aber wieso denn wegen deiner Frau?“

“Ja, die redet zu Hause ununterbrochen!“

“Und was sagt sie?“

“Das weiß ich eben nicht!“

 

Ich habe meiner kleinen chinesischen Frau diesen Witz erzählt, und sie sagte:

“Ja, er nicht zuhören!“

 

Der Blick in die Tiefe erschließt erst den Tiefsinn.

Der Clou dabei ist, dass meine Frau nicht nur dem Nichten der Nichts sagenden Rede hier eine klare Ab-Sage erteilt, sondern implizit auch noch eine entschiedene Strategie vorschlägt, dem Nichts in der Nichts sagenden Rede zu be-gegnen. Und das wäre auf die Dauer sogar billiger, als jeden Abend im Wirtshaus zu sytzen und das Seyn zu be-denken, das eh nie be-Dach-t werden kann, da es meistens durch die D-ecke schyesst und dabei wort-folgsam zu einem Seiten-Sprung an-setzt.

Was also macht der Mann im Wirtshaus? Er ist an-setzig geworden. Er sytzt und trynkt seyn Byer.

Aber das Seyn ist laut Heidegger immer auf dem Sprung. Was also denkt der Mann? Auf einen Sprung noch…? 

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Ganz schön smart - die Chinesen, Zeitliches

ars aeterna – vita brevis

Ganz schön smart, diese Chinesen…

Neulich sagte eine Frau, die am Nebentisch gespeist hatte, als meine chinesische Freundin und ich uns auf den Weg machten, an jene gewandt:

Ich habe jedesmal, wenn Sie gelacht haben, selber lachen müssen. Das ist richtig ansteckend!”

Ich habe  hinterher erklären müssen, was die Frau am Nebentisch meinte, da Chinesen nun mal nicht alles verstehen, selbst wenn sie lange hier leben.

Gestern habe ich sie zur Arbeit gefahren. Anschließend würde ich noch einkaufen gehen. Es regnete in Strömen. Als ich sie absetzte, fragte sie mich:

Hast du Schirm?”

Ja, hinten im Smart liegt doch dieser kleine smarte Schirm”, gab ich zur Antwort.

Ist nicht  klein für dich?”

Meinst du wegen meiner Füße?”

Da lachte sie ihr ansteckendes Lachen.

Als ich danach im Regen einkaufen ging, fragte ich mich:

Warum ist manches für einige Leute so komisch, für andere aber überhaupt nicht? Ich glaube, das liegt an der Fähigkeit, spontan eine phantastische Bilderwelt bei der Äußerung bestimmter Worte zu entfalten. Haha, sagen die einen, die sowas nicht verstehen. Sehr witzig!? Ganz schön absurd und abwegig, weit hergeholt, etc. Die anderen aber stellen sich im oben geschilderten Fall sofort vor, wie ein Mensch mit ungeheuer großen Füßen einen klitzekleinen Schirm öffnet und dann verzweifelt feststellen muss, dass er nasse Füße bekommt! Haha! Er bekommt nasse Füße! Und schon ist eine Kaskade weiterer Assoziationen in Gang gesetzt. Wenn er nasse Füße bekommt, macht er den Schirm wahrscheinlich gleich wieder zu, da das Öffnen des Schirm ja dazu geführt hat, dass er nasse Füße bekommen hat.

Und wer will schon nasse Füße bekommen.

Aber jetzt steht er ja im Regen.

Und wer will schon im Regen stehen?

Also macht er den Schirm vielleicht wieder auf. Oder überlegt sich, was er stattdessen tun könnte. Vielleicht kramt er ja einen Plastikbeutel aus seiner Manteltasche und steigt da hinein, öffnet den Schirm und stellt dann fest, dass er zwar keine nassen Füße mehr bekommt, aber nun gebeutelt ist.

Und wer will schon gebeutelt sein?

Man kann dieses Spiel unendlich lange fortsetzen. Phantasie kennt keine Grenzen.

Ars aeterna – vita brevis (Museum Kunstpalast, Düsseldorf)

Oder, wie’s euch gefällt:

Where one can pun, in fact one hasn’t yet gone out. (Shakespeare, Falstaff; zitiert nach Joyce Carol Oates, My Heart Laid Bare, p. 596)

Übrigens, das letzte Zitat könnte auf Deutsch etwa so aussehen:

Solange du kalauern kannst, steht es fest, dass du noch nicht ausgelöscht bist.

Ich würde das gern etwas freier übersetzen:

Ich mache Witze, also bin ich.

 (frei nach Descartes)

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Ganz schön smart - die Chinesen, Zeitliches