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Reimischer Karneval

Ein alter Freund von mir unterhält bei WordPress einen Blog (Klaus Bayer: Kleine Reime). Im Alter beschränkt er sich auf Haikus, die am Fließband produziert werden. Neulich (13. Februar) las ich:

„Strauß

den Kopf in den Sand?
lieber unter die Röcke
gütiger Engel!“

Da frage ich mich: Was hat ein 75-jähriger Germanistik-Professor unter den Röcken gütiger Engel zu suchen, wenn er doch selber einsieht, dass so ein Liebesdienst allenfalls als milde Gabe vergeben würde? Anmerkung: Es könnte eingewendet werden, dass dieser Haiku nichts mit dem emeritierten Professor zu tun haben muss, sondern lediglich ein kleines Wortspiel im Gewande eines Haikus ist. Dagegen spricht der Haiku vom 19. Februar, der ausgewiesenermaßen bei einem Besuch in Japan entstanden ist und belegt, dass persönliche Erlebnisse in diesen Haikus verarbeitet werden:

„Wintereinbruch in Kioto

Schneeflocken landen
mit zärtlichem Zischen auf
Minirockschenkeln“

Mein alter Freund ist also ein Haiku-Freak mit Hang zu Frauen mit kurzen oder öffentlichen Röcken. Ich liebte (siehe Leo Läufers Baustelle) Sonette. Ist lange her. Aber ich versuch’s noch einmal (Siehe dazu unbedingt den Post: Leo ist real…“ beachten!):

Ein sehr künstliches, aber metrisch megagelungenes Sonett über einen Blitz aus der Vergangenheit

(Eine metrische Fingerübung)

Ein Brief, ein Wort, ein Ruf, ein Schrei.
Ein Blick, eine Dort, ein Hier, dabei
Weiß mancher nicht, ob’s war, ob’s ist.
Zu vage der Erinn’rung Frist.

Ich hat‘ ’nen Freund vor langer Zeit.
Es dünkt mich eine Ewigkeit.
Er schreibt aus einem fernen Land,
Das ist mir fern und unbekannt.

Vergesse ich die Sache doch
Und lass es einfach bleiben.
Doch rumpelt etwas in mir noch,

So lass‘ ich mich denn treiben.
Zum Teufel der Gedanken Joch:
Ich werd‘ mich an ihm reiben.

(Das ist das Gegenteil von „Rutsch‘ mir doch den Buckel runter, lieber Michael!“)


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