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Über Menschen – Übermenschen

Juli Zeh: Über Menschen. Luchterhand, München 2021

Der neueste Roman von Juli Zeh ist offenbar mit heißer Nadel gestrickt. In ihm werden gewisse Veränderungen im Leben der Protagonistin, Dora, geschildert, die sich alle im ersten Jahr der Pandemie ereignen. Schuld an diesen Veränderungen ist, um es einmal ein wenig platt und damit auch nicht ganz richtig zu sagen, Corona. Damit dürfte der Roman also das Interesse einer breiten Leserschaft auf sich ziehen, da wir ja alle schon seit mehr als zwei Jahre in dieser pandemischen Situation gefangen sind und dadurch alle zu erheblichen Veränderungen gezwungen werden.

Die Präsentation. (So hätte er’s wohl gerne…)

Diese „heiße Nadel“ manifestiert sich aber nicht nur in der Schilderung von höchst aktuellen Ereignissen und Lebensumständen, sondern auch in der Anlage des Romans. der ein relativ einfach gestricktes Erzählmuster aufweist. 15 von 50 Kapiteln werden Namen als Titel vorangestellt. In diesen Kapiteln wird meist eine kurze Begegnung der Protagonistin mit einem Mitbewohner des Dorfes Bracken geschildert, so dass wir in Umrissen erfahren, mit wem die Stadtflüchtige es auf dem Lande zu tun bekommt. Den meisten übrigen Kapiteln werden schlicht die Namen verschiedener Gegenstände vorangestellt, die in der im Kapitel geschilderten Episode vorkommen. Das können Pfandflaschen“ oder „Messer“ sein, „Farbe“ oder „Mon Chéri“. Im zuletzt zitierten Kapitel wird geschildert, wie Dora einen Besuch bei zwei jungen Nachbarn abstattet, bei dem man sich über die Beschäftigung von Ausländern und Nazis unterhält. Man warnt sie vor ihrem Nachbarn Gote, der sich selber den „Dorf-Nazi“ nennt. Und zum Schluss sagt Steffen:

„Am besten, du gehst jetzt. Dein Hund hat die ganzen Mon Chéri aus dem Präsentkörbchen gefressen.“

Das mag als Schlusspointe eines Kapitels zwar ganz witzig klingen, zeigt aber auch, wie wenig die Überschriften mit den Inhalten zu tun haben. Der Roman besteht nämlich aus einzelnen Episoden, deren innerer Zusammenhalt lange unklar bleibt. Erst im dritten Teil des Buches erleben wir eine Fokussierung auf ein Thema, das man mit ein wenig Böswilligkeit so formulieren könnte: „Erst ein todkranker Nazi ist ein guter Nazi.“

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