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Stammtisch der Piratenpartei Saarbrücken

Stammtisch der Piratenpartei in der „Piraterie“

Von Leo Läufer

Die Piratenpartei ist eine relativ junge Partei, die erst mal ihren Namen geklaut hat. Nämlich von der Lobby der Musik- und Filmindustrie, die diejenigen als „Piraten“ bezeichnet, die im Internet klauen. Also: Die Piraten entern den Begriff der Industrielobby und vertauschen die Pole +/-! Aber sie ist in diesem Sinne ja nicht die einzige Partei, die klaut: Die CDU etwa klaut ein „C“ von den Christen, die SPD hat zwar ihr „S“ nicht geklaut, aber nach der Einführung von Hartz IV gibt sie es auch nicht zurück. Haben die Grünen was geklaut? Vielleicht einige von ihnen hier und da einmal in früheren Tagen eine Sonnenblume oder eine Stricknadel… Die LINKE? Hat den Oscar nicht gewonnen, sondern einfach auch geklaut. Warum entert sie eigentlich nicht die SPD und klaut deren „S“? Und die FDP? Sie hat nicht unbedingt was geklaut, sie wird ihr „F“ demnächst sogar verdoppeln können. Denn sie befindet sich im Freien Fall: die F.F.D.P.

Ist die Piratenpartei also etwas Besonderes? Ich glaube nicht.

Im Saarland zumindest nicht. Denn dort hält sie regelmäßig einen sog. Stammtisch ab. Stammtische gibt es im Saarland sehr viele. Das liegt an der im Vergleich zum Reich ungeheueren Dichte von Vereinen. Der Computerclub Handshake hat seinen Stammtisch etwa alle 14 Tage mittwochs, die Motorradfreunde Dudweiler hingegen alle 14 Tage dienstags. Ich erwähne diese beiden nur, weil ich an ihnen teilnehme. Ich könnte es mir zeitlich also gar nicht leisten, auch noch regelmäßig zum Stammtisch der Piratenpartei zu gehen. Trotzdem ließ ich mich am Samstag von einem Freund überreden, ihn zum Stammtisch der Piraten zu begleiten. Warum? Ich kannte das Lokal noch nicht, in dem sie tagen. Sie treffen sich in der Piraterie, dem Schiff auf der Saar unterhalb des Staatstheaters, und weil die Saar ausnahmsweise einmal total zugefroren ist, dachte ich: Das kann nicht allzu schaukelig werden. Wir haben unser Auto also auf der Standspur der A 620 geparkt und sind zu Fuß zu dem Schiff gelaufen. Die Piraten in der Piraterie – ein hübscher Gedanke. Eine Partei also, die sich nicht zu Schade ist für einen billigen Kaulauer. Oder fällt das unter ihren Programmpunkt „Umwelt wahren“? Sie gehen dahin, wo sie hingehören und verschonen die Umwelt?

Man könnte meinen: nomen est omen.

Aber das ist etwas zu ungerecht. Denn es hat mir ja dann noch wirklich gut gefallen in der unteren Kombüse, wo alle Piraten dicht beisammen hockten auf den abgezählten Sitzen, so dass wir stehen durften, was ja gesünder sein soll, irgendwie. Um 19:30 h stand jemand auf und sagte: „Ich begrüße Euch heute Abend hier und möchte Euch nur sagen: Die Rebecca macht heute Abend ein paar Bilder hier, da sie an einer Examensarbeit über Kneipen arbeitet. Aber keine Sorge, die Bilder gelangen nicht in die Öffentlichkeit. Sie macht daraus nur ein paar Zeichnungen für ihre Arbeit.“ (Das klang für mich ein wenig so wie das neueste Statement von Wulff, er habe alles in bar zurückgezahlt.) Rebecca trug übrigens einen entzückenden Piratenhut und ein nicht weniger entzückendes schwarzes Röckchen, das sich lose und leicht gefaltet um ihre Hüften legte – wer hätte sich dem widersetzen können. Das Recht am eigenen Bild – lasst alle Hoffnung fahren! Wir standen danach wirklich dumm in der Gegend rum, und ich schlug meinem Begleiter vor, dass, wenn der offizielle Teil nicht bis spätestens 20 h beginnen sollte, wir abhauen sollten. Da huschte eine kleine weibliche Gestalt in einer riesigen grau gemusterten Strickmütze an uns vorbei und säuselte: „Der offizielle Teil hat bereits stattgefunden!“

Die Piraten haben uns wohl belauscht, weil wir so verdächtig da standen und so unbeteiligt taten…

Wir gingen also in die obere Etage an die Bar. Kamen dort mit einer jungen Frau ins Gespräch, die wir unten schon gesehen hatten. Fragten sie, ob sie eine Piratin sei und uns etwas über die Partei sagen könne. Ja, sie sei Piratin, aber für nähere Auskünfte hole sie besser Verstärkung. Die kam bald: Zwei Zopfköpfe, der eine dick, der andere dünn, aber beide mit einem ungeheueren Redetalent versehen. Wir fragten: „Warum Wahlalter auf 16 Jahre senken?“ Antwort: „Ich glaube, in Mecklenburg-Vorpommern wurde das gesenkt, und die Wahlbeteiligung der Leute unter 18 betrug 60 %. Das zeigt, die sind hochmotiviert.“ Weitere Frage: „Aber in Mecklenburg-Vorpommern gibt es doch kaum noch junge Leute, oder?“ Antwort: „Da haben Sie recht. Nächste Frage?“ Der junge Mann hätte sich dieses Scharmützel ersparen können, wenn er Bremen genannt hätte, wo tatsächlich ab 16 Jahren bei den letzten Wahlen gewählt werden konnte, wie die Piratenpartei auf ihrer Homepage mitteilt.

Fazit: Die Piraten sind äußerst sympathisch, aber auch etwas überfordert.

Schade. Denn etwas frischen Wind würde das Saarland (und das Reich) zur Zeit gut vertragen.

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