Schlagwort-Archive: Alsschule in Mönchengladbach

Mönchengladbach ist nicht nur Borussia

Was glaubt Ihr wohl, was der Lehrer, der auch Sport unterrichten musste, vor genau 70 Jahren im Winter machte, wenn es draußen sehr kalt war, es vielleicht sogar regnete, und Turnhallen gab es ja noch nicht an allen Schulen? Die Sportstunde fand halt im Klassenzimmer der 3b statt, und sie bestand aus einer Lesung. Das Buch hieß „Das Findelkind von Gladbach“.

Mein Vater hatte ein Hutgeschäft in der Eickener Straße in Mönchengladbach. Die Eickener Straße bildete die Grenze zweier Schulbezirke. Die Kinder von der eine Seite wurden in die Schule auf der Regentenstraße eingeschult, die Kinder von der anderen Seite mussten in die Schule auf der Alsstraße gehen. Die Regentenschule lag in einem Viertel, das der Stadtmitte schon recht nahe kam. Diese Schule hatte damals auch schon eine Turnhalle. Dorthin gingen also die Kinder der Rechtsanwälte, Ärzte und höheren Beamten. Die Alsstraße verläuft sich in einer Gegend, wo es bald viele Kleingärten und auch Fabriken gibt. Meine Mutter hat offenbar vergeblich versucht, mich in die Regentenschule zu schmuggeln. Ich ging also in die Alsschule. Später, auf dem Stiftisch Humanistischen Gymnasium, lernte ich dann die Schüler kennen, die es in die Regentenschule geschafft hatten. Ich habe auf dem „Huma“ jahrelang gefremdelt.

Ich fühlte mich also damals irgendwie zurückgesetzt. Aber dieses Gefühl ist auch mit einer Wahrnehmung von Distanz verbunden und verleitet zu Grübeleien und zu einer Neigung, die Dinge genauer zu betrachten. Was oft dazu führt, dass man sie nicht mehr so sonderlich ernst nimmt…

Und damit bin ich bei den etwas merkwürdig erscheinenden Posts, die ich kürzlich veröffentlichte und wieder zurücknahm. Wenn ich es recht bedenke, handelte es sich dabei um sehr, sehr kurze Anekdoten, man könnte auch sagen um eine Art Fabeln. Anekdoten sind „kurze, oft witzige Geschichten, die eine Persönlichkeit, eine Epoche o. Ä. charakterisieren“. Mischt man das nun mit einem Hang zum Anarchischen, Absurden, mit einer Neigung, sprachliche Vorgänge abzuhorchen und Schichten freizulegen, dann bekommt man vielleicht solche wahnsinnig anspruchslosen Texte wie die Folgenden, die man auch als harmlose Experimente ansehen könnte und die zum besseren Verständnis mit Titeln versehen wurden, so wie manche Maler ihren vollkommen unverständlichen Bildern Titel geben und dadurch dem Betrachter das Gefühl vermitteln, sie, die Bilder, hätten was zu bedeuten, und sie, die Betrachter, auf die Suche schicken nach dieser Bedeutung… (zum Beispiel Bildtitel „Habgier“: „Ach, sieh mal, dieser besitzergreifende Pinselstrich. Und wie aggressiv dieses Rot ist!“ – gesprochen von einer angereiften Dame, blondiert, Klunker an Hals und Fingern, beim rügenden Reden forsch durch die frisch gepflanzten Zähne zischend…)

(1) Vgl. auch Heinrich von Kleist, Der zerbrochene Krug, I,1:

Der hinterfotzige Gerichtsschreiber Licht scheint zu wissen oder zu ahnen, bei welcher amourösen Gelegenheit sich der Richter Adam den Fuß verstaucht hat. Vergeblich versucht er in der Eingangsszene, seinen Vorgesetzten, auf dessen Posten er scharf ist, zu einem Geständnis zu bringen. Seine Anspielungen weiß der wordmächtige Richter aber zu parieren.

ADAM
…..Und eh ich noch den Lauf des Tags beginne,
Renkt unser Herrgott mir den Fuß schon aus.
LICHT
Und wohl den linken obenhin?
ADAM
Den linken?
LICHT
Hier, den gesetzten?
ADAM
Freilich!
LICHT
Allgerechter!
Der ohnhin schwer den Weg der Sünde wandelt.
ADAM
Der Fuß! Was! Schwer! Warum?
LICHT
Der Klumpfuß?
ADAM
Klumpfuß!
Ein Fuß ist, wie der andere, ein Klumpen.
LICHT
Erlaubt! Da tut ihr eurem rechten Unrecht.
Der rechte kann sich dieser Wucht nicht rühmen,
Und wagt sich eh‘r auf‘s Schlüpfrige.
ADAM
Ach was!
Wo sich der Eine hinwagt, folgt der Andre.

4 Kommentare

Eingeordnet unter Zeitliches

It’s truly me…

Sieben oder siebzig… Was macht das schon für einen Unterschied (außer bei Frauen vielleicht. Obwohl die Zahlen natürlich einen sehr weiten Horizont markieren, was Frauen angeht…) im Angesicht der Ewigkeit, sub specie aeternitatis…

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Zeitliches