Merz gegen Merz: Hochzeiten (ZDF)
Bilder, Vergleiche und Metaphern gehören zum Standardrepertoir guter Dichtung. Werden solche verwendet, dient das dem Zweck, etwas, das schwer zu fassen ist, so vor das innere Auge zu bringen, dass es unmittelbar einleuchtet und auch noch gut klingt, also schön ist. Das kommt häufig in gehobener Literatur vor. In weniger gehobener Literatur kommt so etwas auch vor. Aber da wirken solche Sachen oft peinlich, weil da etwas weit hergeholt wird oder einfach die Sache nicht getroffen wird.

Neulich habe ich einen Film im Zweiten Programm gesehen, der lustig sein sollte, der auch sehr lustig war. Da ging es um die Liebe, um die Ehe und um das Glück. Die drei müssen ja nicht unbedingt zusammengehören. Und genau darum drehte sich ja auch der Witz des ganzen Films. Allerdings auf eine sehr unterhaltsame Art und Weise – weil die Bilder, Vergleiche und auch die Metaphern stimmten. Und weil in den Dialogen immer wieder Wendungen eintraten, die nicht vorhersehbar waren. In anderen Worten: Es herrschte in ihm ein frischer Atem.
Wenn ich jetzt eine Reihe von Beispielen für meine These zitatweise einführe, laufe ich Gefahr, dem Irrtum zu erliegen, das, was ich für witzig-spritzig gehalten habe, müsse auch denen gefallen, die den Film nicht gesehen haben. Im Film sagen die Menschen was, und es erscheint witzig, weil es witzig dargeboten wird. Kann aber auch das Wort ohne diese Darbietung den Witz noch transportieren? Ich bezweifle das.
Und dennoch fahre ich fort und zeichne ein wenig von dem nach, was verbal in diesem Film geschah. Ich schreibe es einfach auf und überlasse es dem Leser, sich die Situationen vorzustellen, aus denen heraus diese Sätze entstanden sind. Oder in die er sich hineinversetzt, wenn er die Worte vernimmt. Es ist einfach phantastisch, was Sprache vermag. Ein Wort kann wie eine Blüte sein, die uns mit allen Sinnen vereinnahmt, aus deren Kelch wir trinken, in deren Anblick wir versinken, – na, was reimt sich nun noch? Genug der mäandernden Worte, Euch stinkt’s allmählich auch. Ich übe Askese und zitiere nur noch, garniere mit kurzen Erläuterungen.
Anne Merz zu ihrem Ex-Mann Erik, als der sich abfällig über ihren jungen Lover äußert und sie ihm Eifersucht nach der Trennung vorwirft: „Das ist wie Nachsalzen, wenn die Suppe schon weg ist.“ Er: „Und du bist die Suppe, oder was?“
**********
Und was sagt Erik über diesen Lover? „Du kannst den ja bei der Krankenkasse einreichen!“
**********
Die Mama von Erik wundert sich über das, was ihr Sohn von sich gibt und sagt: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Erik: „Das hat dich noch nie davon abgehalten, was zu sagen, Mama.“
**********
Anne über Mama: „Wenn ich mit ihr rede, dann ist das als wenn ich eine Einheimische in Timbuktu nach dem Weg frage. Die versteht mich einfach nicht.“
**********
Annes Vater hat Demenz und singt gern zum eigenen Klavierspiel: „Ein Jäger aus Kurpfalz, hat seine Frau am Arsch geleckt. Jetzt riecht er aus dem Hals.“ „Ich bin die fesche Lola, der Liebling der Saison. Ich hab ne Dose Cola und Titten aus Beton.“
Oder gibt gern gute Ratschläge: „Die erste Ehe ist ja sowieso nur zum Üben. Hab ich Erik damals auch gesagt, nicht Junge?“
**********
Laura, die junge Kollegin, die Erik als seine Freundin ausgibt, um mithalten zu können, hat sich ein „Carpe diem“ auf den Arm tätowieren lassen. Anne bemerkt dazu spitz: „Ich find’s echt schwierig, wenn man sich sein Motto auf’n Arm schreiben muss, weil man es sich nicht merken kann.“ Laura kontert: „Sorry, ich bin so schlecht im Leute Merken. Also wer warst du noch mal? Also für Erik, die Schwester?“
**********
Eriks Mutter zu ihrem Mann: „Meinste, du bist immer nur ein Hauptgewinn? Meinste, ich hätte dem Herrgott auf meinenKnien dafür gedankt, dass er dich vorbei geschickt hat? Ich hätte mir einen gewünscht, der seine eigenen Füße noch sehen kann, und der ein bisschen aussieht wie Roy Black.“Und der sagt dazu: „Roy Black, kuck mal, der ist doch andersrum. Rex Guildo, der ist doch schwul wie…“
**********
Der demenzkranke Papa von Anne war abgehauen. Nun kommt ihre Lover von hinten und will sie küssen und sagt: „Papa wieder eingefangen?“Sie wehrt ab: „Ja, lass man!“Er fragt irritiert: „Was ist los?“ Und sie: „Nix. Aber ich bin ja nicht hier die Hüpfburg, wo du hinkommst, im Kinderparadies, und dann…“
**********
Der Junior hat die Hochzeit erst mal abgesagt. Darauf sein Vater: „So was bespricht man doch erst mal von Mann zu Mann!“Steilvorlage für Anne ist das. Denn sie sagt: „da würden aus meiner Sicht bei Euch schon mal zwei Männer fehlen, oder?
**********
Erik und Anne reden über Paare. Anne sagt: „In der Beziehung bin ich wohl qualifizierter als du.“Erik: „Wieso, weil du einen minderjährigen Stecher hast?“ Anne: „Ach, und deine vollbemalte Trulla ist besser?“ Erik ist wirklich der Fachmann. Er sagt: „Frauen können Orgasmus vortäuschen und Männer Liebe.“Da hat auch Annes Mutter noch ein Wörtchen mitzureden: „Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe alles nichts.“
**********
Der Enkel holt sich bzgl. der anstehenden Eheschließung Rat beim dementen Opa: „Opa, ich will das nicht machen.“Und Opa kann das verstehen: „Richtig. Ehe ist wie eine Fahrt aufm Karussell. Kostet Geld, geht kurz rund, und dann ist dir schlecht.“
**********
Der Sohn zum Vater (in der Stunde der Wahrheit): „Ich studier nicht. Ich hab gelogen.“Vater Erik: „Ja schön, jetzt hast du deinen eigenen Tiefpunkt noch mal unterkellert.“
**********
Wenn Anne nicht mit ihrem jungen Lover beschäftigt ist, ist sie arg mich sich selber beschäftigt: „Ich bin noch nicht alt genug um schon älter zu werden. Ich bin in dem Alter, wo ich noch jung sein möchte.“
Christoph Maria Herbst und Annette Frier spielen die Hauptrollen in dieser Komödie. Der Film ist auch ansonsten optimal besetzt.